Wie alles begann

Mitte der 70er Jahre wurde der damalige Bürgermeister Fridhardt Pascher von Herbert Schenkl, einem musikbegeisterten Bürger, darauf angesprochen, ein Musikfestival zusammen mit Hermann Prey ins Leben zu rufen. Schenkl, seit vielen Jahren Verehrer des berühmten Baritons und durch zahlreiche Konzert- und Opernbesuche auch persönlich gut mit Hermann Prey bekannt, schwebte vor, in Bad Urach ein Festival vergleichbar der Schubertiade Hohenems ins Leben zu rufen, und offenbar hatte sich Hermann Prey ersten Andeutungen gegenüber nicht abgeneigt gezeigt.

Bürgermeister Pascher schien der Plan, einen solchen Sängerstar für Bad Urach zu gewinnen, zunächst eher wie ein Griff nach den Sternen. Immerhin konnte für das Jahr 1977 ein erster Liederabend mit Hermann Prey vereinbart werden. Der Zufall wollte es, dass außerdem die Universität Tübingen in diesem Jahr ihr 500jähriges Bestehen feierte. Aus diesem Anlass gab der Nachfahre des Uracher Universitätsgründers Graf Eberhard im Bart, Carl Herzog von Württemberg, einen Empfang in Bad Urach, und im Rahmen dieser Veranstaltung fand ebenfalls ein Liederabend mit Hermann Prey statt.

So kam es, dass der berühmte Sänger bei seiner ersten Begegnung mit Bad Urach am 8. und 9. Oktober 1977 gleich zwei Konzerte gab, davon das erste - im Rahmen des Universitätsjubiläums - in der Amanduskirche und das zweite im historischen Palmensaal des Residenzschlosses. Zur Freude der Uracher sang Hermann Prey dabei auch Justinus Kerners "Preisend mit viel schönen Reden", das berühmte Gedicht über den Uracher Grafen Eberhard im Bart, der so beliebt war, dass er "kühnlich sein Haupt in jedes Untertanen Schoß" legen konnte.

Anderntags fand im Bad Uracher Rathaus ein Gespräch zwischen Hermann Prey, Herbert Schenkl, Bürgermeister Pascher und dem damaligen Bad Uracher Stadtpfarrer von Schröder statt, in dem die Möglichkeiten für ein Musikfestival erörtert wurden. Es folgten Besichtigungen verschiedener, Räumlichkeiten sowie ein Gespräch mit Anneliese Gusenbauer, der Musikchefin des Südwestfunk-Landesstudios Tübingen, woraus sich erste Grundzüge der späteren Herbstlichen Musiktage heraus kristallisierten.

Hermann Preys Idee war, ein Musikfestival zu gestalten, in dessen Mittelpunkt die menschliche Stimme stehen und dem jährlich wechselnd ein bestimmtes Hauptthema zugrunde liegen sollte.

Als Veranstalter sollte die Stadt Bad Urach auftreten, die außerdem für die Verwaltung und das Management zuständig wäre. Hermann Prey und sein Manager Christian Lange sollten für die künstlerische Seite zuständig sein, also für die Zusammenstellung der Programme und die Auswahl der Künstler.

Zunächst aber musste eine finanzielle Grundlage für das Festival geschaffen werden. Hier war die Hilfe des Kunstreferenten im Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Dr. Dr. Hannes Rettich, eine wichtige Unterstützung, ebenso wie die Zusage des Südwestfunk-Landesstudios Tübingen für eine Zusammenarbeit.

Nachdem auch der Bad Uracher Gemeinderat grünes Licht gegeben hatte, konnte schließlich der Beginn des Festivals für Herbst 1981 ins Auge gefasst werden, und so ergab sich auch schnell der Titel: "Herbstliche Musiktage Bad Urach." Am 2. Oktober 1981 war es dann soweit: Im Goldenen Saal des Residenzschlosses begann die erste Konzertwoche.

Außer dem Residenzschloss wurde für die Konzerte auch die Amanduskirche mit ihrer hervorragenden Akustik herangezogen, und so fand dort am 4. Oktober 1981 eine Aufführung des Schubert-Oratoriums "Lazarus" D 689 statt, aus deren Mitschnitt die erste Schallplatte der Herbstlichen Musiktage resultierte, die gleich mit dem europäischen Schallplattenpreis "Prix du disque mondial" ausgezeichnet wurde.

In den nun 25 Jahren ihres Bestehens haben sich die Herbstlichen Musiktage Bad Urach zu einer festen Größe im internationalen Musikleben entwickelt. Zahlreiche Rundfunk- und Fernsehübertragungen, viele Schallplatten, davon einige preisgekrönt, sind die verdiente Anerkennung. Weit über hunderttausend Besucher, dazu ein Millionenpublikum an Rundfunk und Fernsehen, konnten erfahren, dass es auch in einer kleinen Stadt, außerhalb der großen Musikzentren, möglich ist, anspruchsvolle Programme mit Spitzenkünstlern darzubieten.

Die Herbstlichen Musiktage Bad Urach sind Bestandteil der Kunstkonzeption des Landes Baden-Württemberg und werden vom Land ebenso gefördert wie vom Landkreis Reutlingen und zahlreichen anderen Sponsoren, an der Spitze die Volksbank Bad Urach.

Diese feste Verankerung führte den Gemeinderat der Stadt Bad Urach im Jahr 1998, noch kurz vor dem Tod Hermann Preys, zu dem Entschluss, die Herbstlichen Musiktage auf Dauer in eine Stiftung des Bürgerlichen Rechts umzuwandeln.